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30.09.2024

8 Tage Huskies, Kälte & Aurora Borealis

Dieses Mal wird es kein Bericht über eine bestimmte Tour, sondern eine Beschreibung wie diese Tour meistens aussieht, wobei in der Realität dann doch jede Tour etwas anders ist. Dies kann an widrigem Wetter oder den Wünschen unserer Gäste liegen, vielleicht auch an anderen ungeplanten Ereignissen. In jedem Fall haben, denke ich, bisher noch alle Gäste die Tour genossen, selbst wenn Tiefschnee oder Wind sie unterwegs mal an ihre Grenzen gebracht haben.

Der Aufenthalt beginnt immer mit einem gemeinsamen Abendessen, bei dem nicht nur wir die Gäste, sondern diese sich auch untereinander kennenlernen. So besteht die Möglichkeit, die erste Neugier zu unserem Leben mit den Hunden durch Fragen mit Antworten zu stillen und insbesondere schon einmal durchzugehen, welche Kleidung im Hinblick auf die aktuelle Wetterlage für den nächsten Tag sinnvoll ist. Uns gibt dieses Kennenlernen die Möglichkeit, sich ein erstes Bild von den Gästen zu machen, was Grundlage wird, für die Zusammensetzung und Zuteilung der Hundeteams.

Am nächsten Tag wird es ernst. Während einer von uns die Gäste abholt, bereitet der andere schon die Hunde vor. Diese warten dann am Stakeout in der richtigen Reihenfolge der geplanten Teams auf die Gäste. Auch die Schlitten stehen schon parat. Dies hat den Vorteil, dass jeder Gast sich am Anfang erst einmal auf das Kennenlernen seiner vier Hunde konzentrieren kann, anstatt von einer wild herumwuselnden Meute komplett überwältigt zu sein.
Aber bevor es los geht, folgt natürlich erst einmal eine Einweisung. Wie funktioniert das mit dem Schlittenfahren? Was ist das Allerwichtigste? Was das Zweitwichtigste und gleichzeitig Geheimrezept zum besseren Fahren? Wenn ihr bei eurer nächsten Tour punkten wollt, dann verrate ich euch schon mal die Antworten 😉 das Wichtigste: niemals, und wirklich NIEMALS den Schlitten loslassen! Das Zweitwichtigste: bremsen!
Weiter geht es mit den Kommandos, Geschwindigkeit, Abstand, Leinen, etc. Den meisten raucht dann hier schon ein bisschen der Kopf, aber so ganz ohne Erklärung funktioniert es leider nicht. Und dennoch braucht man sich auch nicht zu viele Gedanken zu machen. Solange man den Instruktionen von uns folgt – die wir oft auch unterwegs nochmal wiederholen/vertiefen, ist das Schlittenfahren gar nicht sooo schwierig.
Jetzt aber endlich zu den Hunden. Jeder bekommt sein Geschirr angezogen. Auch hier ist nochmal Aufmerksamkeit gefragt, denn nicht jedes Geschirr passt jedem Hund. Zunächst einmal gibt es verschiedene Größen, die man an unterschiedlichen Farbmarkierungen an den Geschirren erkennen kann. Zusätzlich haben wir verschiedene Modelle, da je nach individuellem Körperbau, Fellbeschaffenheit und Laufstil manche Hunde besser mit dem einen, manche mit einem anderen zurechtkommen.
Achja, Namen haben eure Hunde übrigens auch 😂 Wir verstehen, dass es bei all den vielen Informationen am Anfang noch schwer sein kann, sich die gleich zu merken, aber später am Nachmittag solltet ihr euch die Zeit nehmen, sie zu lernen, schließlich werdet ihr für die nächsten Tage ein Team sein.
So, die Hunde sind angezogen. Seid ihr bereit? Dann kommen Handy oder Fotoapparat jetzt ganz weit weg, denn der Start erfordert volle Konzentration und zwei freie Hände. Gemeinsam spannen wir die Hunde ein. Wir fangen mit dem letzten Team an und arbeiten uns nach vorne. Ihr bleibt dann jeweils bei euren Leithunden stehen, bis auch das Guideteam fertig ist und ihr von Raffi oder mir das Zeichen bekommt, auf die Schlitten zu gehen. Und jetzt Achtung, es geht los. Aber schön nacheinander und das Bremsen nicht vergessen!
Die ersten paar hundert Meter werdet ihr wahrscheinlich völlig überrumpelt sein von der unbändigen Power der Hunde, ihr habt vergessen wie ihr ohne Lenkrad um die Kurven steuert und irgendwie seid ihr permanent zu schnell oder zu langsam 😬 aber wartet einfach ab und versucht die Instruktionen umzusetzen. Es dauert gar nicht so lange bis ihr ein Gefühl für den Schlitten und die Bremse bekommt, ihr merkt wie das mit der Gewichtsverlagerung gemeint war und dass Bremsen euch nicht zwangsläufig langsamer, aber das Fahren besser macht. Nach ein paar Kilometern seid ihr auch wieder aufnahmefähig und könnt anfangen, die wunderbare Umgebung um euch herum wahrzunehmen, den glitzernden Schnee, die Stille, die Perfektion der Natur.
Je nach Bedingungen fahren wir so um die 20km, plus/minus. Am Anfang des Winters, bei tiefem Schnee und schwierigeren Verhältnissen vielleicht etwas weniger, am Ende des Winters, bei schnellen Trails vielleicht etwas mehr. Für die meisten Gäste ist diese Distanz für den ersten Tag perfekt, lang genug, um sich einzufinden ins Schlittenfahren, aber nicht zu lang, um schon jetzt völlig ausgepowert zu sein.
Zurück im Kennel dürft ihr natürlich erst einmal eure Hunde kuscheln, bevor diese dann ausgezogen werden und zurück in ihre warmen Hütten dürfen. Je nachdem, wie anstrengend es auch für die Hunde war, bekommen sie entweder gleich oder etwas später eine Suppe oder Futter, respektive bekommt ihr ebenfalls davor oder danach einen Snack (nein, nicht die gleiche Suppe 😂) und wir wärmen uns in unserer Grillkota auf. Anschließend bereiten wir die Ausrüstung für die nächsten Tage vor. Entweder beladen wir die Schlitten noch heute oder am nächsten Morgen. Das ist auch oft wetterabhängig. Danach geht es für euch zurück ins Gästehaus. Gemeinsam bereiten wir das Abendessen zu und ihr habt noch einmal Gelegenheit, Fragen für die kommenden Tage zu stellen und eure persönlichen Sachen vorzubereiten.

Der nächste Morgen läuft ähnlich ab wie der erste, nur mit dem Unterschied, dass ihr heute nicht „nach Hause“ zurückkommt. Unsere Tour führt uns nämlich zu unserem ersten Übernachtungsplatz, entweder im Zelt oder in einer Wildnishütte. Auch hier werden natürlich als erstes die Hunde versorgt, die während der Tour an einem Stakeout schlafen. Ist es sehr kalt, bekommen sie Mäntel an, sonst genießen sie es auch einfach so im Schnee zu liegen. Danach ist Wasser holen oder Schnee schmelzen angesagt. An manchen Plätzen finden sich offene Quellen oder ein See, in den man ein Loch bohren kann, falls nicht, greifen wir auf Schnee zurück. Ihr werdet überrascht sein, wie viele volle Töpfe Schnee es braucht für eine volle Thermoskanne Wasser. Und da sind wir ja nicht die einzigen, die Wasser brauchen, auch für die Hunde wird welches benötigt. Diejenigen, die fürs Wasser eingeteilt sind, haben also ordentlich zu tun. Aber das heißt nicht, dass der Rest der Gruppe arbeitslos ist. Feuer muss angeheizt und nachgelegt werden, Fleisch gehackt fürs Abendessen der Hunde, Essen für die Gruppe gekocht und abgewaschen werden. Nicht zu vergessen, dass die Hütten meist ein Trockenklo und einen Holzschuppen haben, zu denen auch erst einmal ein Weg geschaufelt werden muss. Wenn die Basics erledigt werden, nehmen wir uns wieder Zeit für die Hunde, wir kuscheln und massieren sie und schauen uns die Pfoten auf mögliche Blessuren an – wobei man das sehr gut auch schon beim Ausziehen der Geschirre machen kann. Mit etwas Glück könnt ihr einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten oder es tanzen während unserer „Arbeit“ die Nordlichter über uns. Je nachdem wie wir zeitlich liegen bekommen die Hunde vor oder nach dem Abendessen noch einmal Futter. Danach passiert dann nicht mehr viel. Glaubt mir, selbst die Nachteulen unter euch werden früh todmüde ins Bett respektive auf die Isomatte fallen.

Am nächsten Morgen ist früh aufstehen angesagt, die Hunde brauchen Frühstück. Während sie verdauen, sind wir selbst mit dem Frühstück dran, dann alles aufräumen und wieder in den Schlitten verstauen. Der Start läuft heute im Prinzip genauso ab wie die letzten beiden Tage, nur mit dem Unterschied, dass im Kennel meist noch eine zweite Person zum Helfen dabei ist und die Ketten liegen bleiben. Auf Tour müsst ihr das alleine hinkriegen und auch noch die Ketten einsammeln. Aber schließlich hattet ihr ja schon zwei Tage zum Üben 😉 Über Sümpfe und zugefrorene Seen, durch Birken- und Nadelwälder geht es weiter. Unsere täglichen Distanzen bei diesen Touren liegen zwischen ca. 25 und 60km, immer abhängig von den Verhältnissen und Wünschen der Gäste. Wenn ihr die dritte Nacht draußen „überstanden“ habt, könnt ihr euch freuen – oder traurig sein? Denn heute geht’s zurück zum Kennel. Nachdem die Hunde versorgt sind und ihr sie noch einmal ausgiebig geknuddelt habt, sehnt ihr euch wahrscheinlich schon nach der warmen Dusche im Gästehaus. Jetzt könnt ihr entspannen, denn der nächste Tag ist frei. Manche Gäste buchen noch einen Ausflug zu den Rentieren oder eine Fahrt mit dem Motoschlitten. Die meisten genießen aber einfach nur die Ruhe, schnappen sich irgendwann im Laufe des Tages die Schneeschuhe und kommen zum Kennel gelaufen, um noch ein bisschen Zeit mit den Hunden zu verbringen, sie vielleicht noch ein letztes Mal zu füttern. Aber auch wenn am nächsten Tag die Abreise ansteht, muss es ja kein Abschied für immer sein… die Hunde und wir freuen uns sicher schon auf die nächste Tour mit euch. Dann vielleicht sogar die Advanced-Variante in den Bergen?